Mehr Zeit für Frühchen, um im Leben anzukommen
Mit dem Moment der Geburt und dem Abnabeln von der Mutter muss das Baby selbstständig atmen, die Lungen und der Kreislauf müssen unabhängig vom Kreislauf der Mutter arbeiten. Das Abnabeln erfolgt meist unmittelbar nach der Geburt, um dann Mutter und Kind weiter versorgen zu können. Was für reif geborene Neugeborene kein Problem ist, kann insbesondere für Frühchen eine Herausforderung sein, da ihre Lungen noch unreif und besonders empfindlich und sie insgesamt viel instabiler sind. Mit der Anschaffung des Birth Trolley – einem rollbaren Geburtstisch – ändert sich das nun im Perinatalzentrum im Klinikum Darmstadt.
Der Birth Trolley wird während eines Kaiserschnitts direkt neben den Operations-Tisch gestellt. So kann das Kind in unmittelbarer Nähe zur Mutter abgelegt und versorgt werden und bleibt über die Nabelschnur mit ihr verbunden. Der Birth Trolley verfügt neben einer Wärmelampe über ein Monitoring wie EKG und Sauerstoffsättigung sowie alle notwendigen Geräte, um die Atemwege freihalten und bei Bedarf auch beatmen zu können.
„Damit haben Frühchen deutlich mehr Zeit, um im Leben anzukommen“, sagt Dr. Thomas Weißig, stellvertretender Ärztlicher Leiter der Klinik für Neonatologie begeistert. Gemeinsam mit dem geburtshilflichen Team wurde der Birth Trolley nun erstmals in Betrieb genommen. Getestet wurde er mit einem reifen Neugeborenen, das mit einem geplanten Kaiserschnitt zur Welt kam.
„Wir mussten erst einmal überprüfen, ob unsere Routinen auch klappen, wenn man anders steht, aber es war ein toller und erfolgreicher Start und es hat alles super geklappt“, so der Neonatologe weiter. Für ihn ist insbesondere neu, dass er und seine Kolleg*in mit im OP sind. Ohne Birth Trolley werden die Kinder in einem Extraraum versorgt. „Damit können Frühgeborene bis zu 15 Minuten an der Nabelschnur bleiben und werden damit versorgt, was die Situation für das Frühgeborene deutlich entspannt.“ Auch der Blutdruck der Frühchen bleibt stabiler, was das Risiko von Hirnblutungen verringert.
Das Geld für den rollbaren Geburtstisch – rund 60 000 Euro – kam über Spenden zusammen. Bands gaben Benefizkonzerte, die Stiftung „Hoffnung für Kinder“ gab einen großen Beitrag dazu, das Darmstädter Künstlerkollektiv KIB versteigerte Bilder und auch die Band von Dr. Georg Frey, der Ärztliche Leiter der Klinik für Neonatologie spielte Geld ein. Er hatte bereits vor fünf Jahren den Experten für den Birth-Trolley auf eine Fortbildung eingeladen, weil dieser Behandlungstisch ihn so begeistert hat und er ihn unbedingt für die Frühgeborenen-Versorgung in Darmstadt haben wollte. „Corona hat das deutlich verzögert und ich freue mich sehr, dass es jetzt soweit ist. Denn es ist eine wirklich beeindruckende Neuerung für unser Perinatalzentrum“, so Dr. Frey.
Als einen “Quantensprung in der Frühchen-Versorgung“ bezeichnet es auch Sonja Pilz, Sektionsleiterin der Geburtshilfe am Klinikum. Auch sie war beim ersten Einsatz dabei. „Wir Frauenärztinnen haben dann einen Moment Pause, bis wir den Uterus verschließen können, aber diese neuen Abläufe werden sich gut einspielen.“
Die Geburtshilfe der Frauenklinik und die Neugeborenen-Intensivstation der Klinik für Neonatologie, eine Klinik der Darmstädter Kinderkliniken Prinzessin Margaret im Klinikum bilden zusammen das Perinatalzentrum Südhessen Level 1.
© Pressemeldung der Klinikum Darmstadt GmbH vom 14.05.2025